Stand
AUTOR/IN
Jessica Brandt
Jessica Brandt (Foto: SWR3, Niko Neithardt)
INTERVIEW
Lisa-Marie Köster

Wie gehe ich damit um, wenn mich ein fremdes Kind stört? Darf ich das Kind maßregeln? Antworten haben wir von Familienexpertin Kira Liebmann im Interview erhalten.

Ich empfehle, seinen Schutzraum zu wahren, es durchaus anzusprechen und nicht auszuhalten. Aber bitte mit den Eltern.

Ein Kind wirft auf dem Spielplatz ständig einen Ball nach einem. Im Supermarkt nimmt es Lebensmittel aus meinem Wagen und wirft sie auf den Boden. Im Restaurant krabbelt es unter dem Tisch herum und zieht einem an der Hose.

Solche Situationen gibt es oft, doch Familienexpertin Kira Liebmann hat einen Rat für die Betroffenen in solchen Situationen: „Gerne auf die Eltern zugehen und sagen: 'Das, was ihr Kind gerade macht, stört mich. Können Sie es bitte zurückrufen?'

Fremde Kinder selbst maßregeln? Darf ich das?

In manchen Situationen kommt es natürlich auch einmal vor, dass die Eltern vielleicht dann zu dem Kind, das gerade etwas macht, das für eine andere Person unangenehm oder störend ist, etwas sagen, daraufhin aber nichts passiert. Da darf ich ja dann wohl etwas sagen, oder? Ja, meint Kira Liebmann:

Erst wenn ich mit den Eltern gesprochen habe und nichts passiert, kann ich mit dem Kind auf Augenhöhe sprechen und sagen: 'Könntest du das bitte lassen?'

Das fremde Kind einfach anzufassen und direkt mit ihm schimpfen oder es maßregeln? Davon rät die Therapeutin ab. Die Eltern seien verantwortlich für das Kind und sollten in erster Linie auch angesprochen werden. „Das Kind macht nur das, was die Eltern erlauben. Das dürfen wir nie vergessen“, sagt Kira Liebmann. In die Erziehung sollte man sich in dem Fall nicht direkt einmischen, sondern zunächst auf die Eltern zugehen.

Wie spreche ich an, dass mich ein fremdes Kind nervt?

Das Kind zu bewerten oder abzuwerten, sollte in einem Gespräch mit den Eltern vermieden werden. Wer hört schon zu, wenn dir jemand sagt, dass das eigene Kind blöd ist?

Kira Liebmann gibt daher den Tipp: „Bei mir selber bleiben. Das heißt, ich gehe zum Beispiel zu der Mutter des Kindes und sage: 'Mich stört es. Ich würde hier gerne mit meiner Familie essen. Das ist im Moment nicht möglich, wenn ihr Kind um meinen Tisch herumläuft. Könnten Sie bitte schauen, dass es aufhört?'

Das Kind selbst sollte dabei nicht abgewertet werden oder beleidigt werden, denn das Ziel ist ja, eine friedliche Lösung zu erzielen. Das ginge meist besser, wenn man mit Ich-Botschaften arbeitet und weder das Kind noch die Mutter oder die Eltern bewertet. Eine deeskalierende Ansprache sorgt nämlich in der Regel für mehr Verständnis beim Gegenüber, so die Therapeutin.

Mädchen mit Zöpfen und einer Brille sieht sehr schlau aus. Sie kennt sich vermutlich alle Eselsbrücken und Merksätze für die deutsche Rechtschreibung. (Foto: Adobe Stock, Katrin_Primak)
Kinder können manchmal nerven. Was wir tun können, wenn es nicht das eigene Kind ist, verrät uns Familienexpertin Kira Liebmann.

Wie reagiere ich, wenn die Eltern nichts unternehmen?

Mein Kind darf das machen. Da haben Sie sich gar nicht einzumischen.“ So oder so ähnlich könnten Eltern in den Momenten durchaus reagieren. Auch wenn ich selbst davon gestört bin, sehen die Eltern des fremden Kindes kein Problem. Kira Liebmann rät dann, zum Restaurantbesitzer zu gehen oder zu jemandem gehen, dem man die Verantwortung übertragen kann.

Wenn es diese Möglichkeit nicht gibt, rät Liebmann dazu, direkt mit dem Kind zu sprechen. „Bitte lass das. Mich stört das. Kannst du das bitte dort hinten weitermachen?“, könne man in der Situation auch zu dem Kind direkt sagen. Natürlich wäre die Gefahr einer Eskalation gegeben, allerdings gibt die Therapeutin zu bedenken:

Kira Liebmann ist Familienexpertin und spricht im SWR3-Interview darüber, wie man fremde Kinder maßregeln kann. (Foto: Kira Liebmann | https://kiraliebmann.de/ueber-mich/)

SWR3 PUSH Fremdes Kind maßregeln? Diese Tipps helfen

Dauer

Kira Liebmann ist Familienexpertin und gibt Tipps, wie man damit umgeht, wenn man von einem fremden Kind genervt ist.

Die Wahl ist natürlich nicht immer leicht, aber man dürfe durchaus die eigenen Grenzen aufzeigen und klarmachen, dass diese gerade überschritten werden, so Liebmann. Das Recht, seine eigenen Grenzen zu wahren, hat jeder in dieser Situation.

Wie gehe ich dann auf das fremde Kind zu?

Zwei Punkte seien hier entscheidend, wenn ich mit dem fremden Kind interagiere, so Kira Liebmann:

  • Blickkontakt suchen
  • sich auf die Ebene des Kindes begeben

Wirklich in die Hocke gehen und schauen, dass das Kind mit mir auf einer Ebene ist, sodass es Blickkontakt mit mir hält.

Kind schreit durch Megaphon (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture-alliance)
Kinder sind manchmal laut. Wenn ich mich davon gestört fühle, sollte ich zunächst mit den Eltern sprechen.

Wie gehe ich damit um, wenn mein eigenes Kind jemand anderen stört?

Eltern werden sicherlich auch den Fall kennen, dass sie selbst schon angesprochen wurden, weil das eigene Kind vielleicht etwas getan hat oder jemanden stört. Auch hier hat die Familienexpertin einen Tipp, wie ich in solchen Situationen reagieren kann: „Ich empfehle, auf der Sachebene zu bleiben. Auch wenn mein Gegenüber mich persönlich angreift. Wenn ich selbst auch anfange, persönlich zu werden, kommen wir komplett vom Ziel des Gespräches ab.

So schwer es in diesen Situationen sein mag, sollte ich den eigenen Stolz runterschlucken und sich diese Fragen stellen: Was passiert gerade? Nur so ist es möglich, mit dem Gegenüber gemeinsam eine Lösung zu finden. Wenn ich selbst anderer Meinung bin, ist es natürlich schwer, hier ruhig zu bleiben und die Sachebene im Blick zu halten. Doch die Therapeutin hat auch hier einen Denkanstoß, den sie in den Situationen mitgibt:

Es geht auch um soziale Kompetenz und soziale Fähigkeiten in dem Moment. Soziale Fähigkeit oder soziale Empathie heißt dann auch, dass ich merke, dass mein Verhalten andere Menschen stört und ich nicht alles tun und lassen kann, was ich möchte. Wenn ich aber den Erziehungsstil habe, dass mein Kind komplett frei ist und überhaupt keine Grenzen hat, dann werde ich auch als Elternteil die Grenzen anderer nicht respektieren.

In diesem Moment könne die Person, die sich gestört fühlt, die Situation nur akzeptieren und gehen, da keine Einsicht kommen werde. Ein Kompromiss sei in diesem Fall nicht möglich, so Kira Liebmann.

Wie geht es dem Kind in den Situationen, wenn es gemaßregelt wird?

Generell ist es wichtig, dass Kinder Grenzen lernen und merken, dass ihr Verhalten auch Auswirkungen auf andere haben kann. Und dass wir manchmal an einen Punkt im Leben kommen, an dem wir Dinge tun wollen, die wir aber dann nicht mehr können – also die Impulskontrolle.

Daher sei es wichtig, Kindern Grenzen und Regeln beibringen, da nur so unsere Gesellschaft funktioniere, so die Therapeutin.

Eure Meinung ist gefragt!

Würdet ihr fremde Kinder maßregeln?

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